Events - Cinema

10/18/2013 • 20:15

Die Gärten des Skorpions
Cinema
ab 6,50 Euro
http://www.kino-krokodil.de/
Сады скорпиона (Die Gärten des Skorpions)
SU Lenfilm 1991, 95 min, OmdU
Regie: Oleg Kowalow

Eine Parade der Filmkunst zieht über den Roten Platz, SVINARKA I PASTUKH auf einem Wagen, Lenfilm-Ikone CHAPAEV auf einem anderen. Eisenstein als Polizist bei Hans Richter; Estrade, Spektakel, Yves Montand … Armee, Glückskindheit etc. In Kovalovs surrealer Collage lässt sich die Bandbreite des „Studios des ersten und experimentellen Films“ erahnen, seine Verwurzelung in kanonischen wie nicht-kanonischen Werken und Gattungen der SU-Filmgeschichte sowie das Gespür für das, was weltweit bereits Dekonstruktion hieß. Mit diesem Material so jonglieren kann nur einer, der es kennt wie kein anderer, für den Montagefilm Forschung ist, der dennoch zu erzählen weiß. Ein Lenfilm-Meilenstein. (Barbara Wurm, Katalog GoEast Festival 2012)

Der Film ist das Werk einer 'Archivratte', ein cineastisches ready-made: aus den Schnipseln alter Spiel- und Dokumentarfilme der 20er, 50er und 60er Jahre schafft der Regisseur, selbst Filmhistoriker, ein eigenes Werk. Zwei der wichtigsten Stränge bilden die Geschichte um den jungen Soldaten aus dem fremden Film DER VORFALL MIT DEN GEFREITEN KOTSCHETKOW und ein populärwissenschaftlicher Film über Alkoholpsychosen. Zwischen den beiden läßt sich eine einfache Kausalverbindung ziehen: der Gefreite Kotschetkow ist nach dem 'Vorfall' in einer psychiatrischen Anstalt gelandet. Der Vorfall ist einfach: Kotschetkow verliebt sich in das Mädchen Walja, das in der Nähe der Kaserne Postkarten und Briefpapier verkauft. Der Kommandeur eröffnet dem leichtgläubigen Gefreiten ein schreckliches Geheimnis: Walja und ihre liebe Großmutter, die den jungen Gefreiten mit hausgemachter Küche verwöhnt, sind gefährliche Spione. Sie wollen ihn vergiften und ihm dabei ein militärisches Geheimnis entreißen: es geht um den Namen seines Kommandeurs. An diesem Verfolgungswahn wird der Gefreite scheitern. Die lieben Ärzte versuchen ihn mittels Hypnose zu heilen. Aber vielleicht ist er kaputt gegangen an der Öffnung des Landes, die gewaltsam von einem lachenden Ukrainer mit Maiskolben in der Hand vollzogen wurde. Chruschtschow wollte die Sowjetunion von ihrem langjährigem Verfolgungswahn mit einem Male und ohne jede Hypnose heilen: Plötzlich sind die Amerikaner keine Spione mehr, sondern Freunde, Yves Montand spaziert durch Moskau und singt von den Arbeitslosen der Renault-Werke, gleichzeitig werden in Budapest rote Fahnen verbrannt, und die Sowjetunion erobert das Weltall. Der eiserne Vorhang wird nach allen Richtungen durchbohrt - auch in kosmischer Dimension. Die paradiesischen Gärten werden den kalten Winden des Weltalls ausgeliefert, nur gibt der Regisseur ihnen einen anderen Namen: Gärten des Skorpions... (Forum Katalog 1992)

Der Avantgardist Lew Kuleschow platzierte ein Bild in verschiedene Kontexte und änderte dadurch seine Bedeutung. Unser Film ist die absolute Verwirklichung seiner Experimente: Aus den Fragmenten von Spionagefilmen, aus medizinischen, musikalischen, propagandistischen Streifen versuchten wir, eine surrealistische Phantasie über das sowjetische Tauwetter der 50er Jahre zu machen. Den GÄRTEN DES SKORPIONS liegt ein populärer Kriminalfilm von 1955 zugrunde, das handlungs-mäßig und philosophisch neu konzipiert wurde. Die freie Montage der Filmzitate zeigt, wie das Bewusstsein eines normalen Bürgers, welches von der 'Spionomanie' genährt wird, auseinanderbricht, wenn neue Winde des Tauwetters wehen, wie sich in diesem Bewusstsein der Kampf zwischen dem Lebenden und dem Toten, neuen Gedanken und Dogmen abspielt. Das ist ein politischer Filmroman über die Epoche der großen Hoffnungen - mit Elementen der Satire und philosophischer Lyrik. […] Wenn der Zuschauer sich nicht anstrengen will, ist es seine Sache, doch ich habe ihm keine Bilderrätsel gestellt. Ich habe in den Film alles hineingepackt, was die geistige Erfahrung eines sowjetischen Menschen ausmacht, und wenn dieser Mensch aus meinem Film herausgeht, dann ist er nicht im Recht. Wenn ein junger Mensch 'rausgeht, ist das ein völliger Nonsens, denn das ist unsere Vergangenheit, und die muß man kennen. Ich habe den Film auf weibliche Biorhythmen hin berechnet, und den Frauen gefällt er besonders gut.
Kino Krokodil

Greifenhagener Str. 32
10437 Berlin
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